"Momentan schafft sie nicht viel mehr, als morgens aufzustehen und in die Schule zu gehen. Alles andere überfordert sie einfach."
"Ihre Tochter hat mittelschwere Depressionen und das heißt nunmal, dass sie nicht die Einserschülerin sein kann, die sie einmal war."
"Sie und ihre Tochter müssen ihre Ansprüche erheblich zurückschrauben. Depressionen sind eine ernstzunehmende Krankheit."
"Das Zusammenbrechen auf der Schultoilette spricht eindeutig für Überforderung."
"Nun lassen sie sie doch erstmal ihr Abi einigermaßen schaffen. Und wenn sie danach ein Jahr lang nichts macht, ist das doch auch kein Weltuntergang!"
Heute eine Therapiesitzung mit meiner Mama zusammen gehabt. Es lief nicht so schlecht, wie ich erwartet hatte, auch wenn ich geheult habe wie ein Schloßhund und wir kurz Streit hatten. Letztendlich hat die Sitzung an sich nicht so viel gebracht, wie ich mir erhofft hatte, aber das Gespräch danach hat Mama wohl doch arg geholfen. Ich habe versucht, ihr mein rationales und mein emotionales Verständnis zu erklären. Das funktionierte ganz gut, sie versteht jetzt, dass ich mich selbst als wahnsinnig negativ wahrnehme. Außerdem haben wir über die verschiedenen Ebenen der Kommunikation gesprochen und sie versteht jetzt auch, dass ich vieles gar nicht so meine, wie ich es vielleicht ausdrücke bzw. auch, warum ich sie und ihre Reaktionen häufig nicht verstehen kann.
Es ist schwierig. So unheimlich schwierig und das nicht nur für mich, sondern vor allem auch für meine Familie. Und es tut mir so leid, dass sie keine gesunde Tochter haben. Man hat ja auch sonst keine Probleme im Leben, um die man sich kümmern muss.
Dazu kommt, dass meine Knie seit Tagen wieder streiken - seit gestern renne ich wieder mit Bandage rum und nehme wieder regelmäßig hochdosierte Schmerzmittel.
Und mein Nacken ist verspannt. Ich kann meinen Kopf kaum noch drehen und es gibt Probleme mit der Überweisung zur Osteopathie.
HILFE!
Einziger Lichtblick: Meine Beziehung.
Wuhu ja, seit Montag sind wir zusammen. Allerdings bin ich noch wahnsinnig skeptisch. Er ist anscheinend nicht mal richtig verliebt und meint, dass das Zeit braucht. Schade nur, dass ich immer das Gefühl habe, keine Zeit zu besitzen.
Wie dem auch sei, seit Montag zusammen, heute spazieren gegangen und morgen dann zsm Eisessen. Freitag wird es dann so richtig richtig offiziell, 20. Geburtstag von einem gemeinsamen Freund.
Und ich habe Angst vor der Öffentlichkeit.
Angst davor, dass die Beziehung doch nicht hält und dass ich dann wieder als Schlampe abgetan werde. Angst davor, etwas in Bezug auf ihn falsch zu machen, mich falsch zu benehmen oder einfach zu sehr ich zu sein. Angst davor, dass ich die falsche Entscheidung getroffen habe und Angst davor, dass er die falsche Entscheidung getroffen hat. Ich habe Angst davor, einfach glücklich zu sein und das zu genießen.
Schräg, oder?
Ich mein, wer hat schon Angst vorm Glücklichsein?
Urlaub mit meiner besten Freundin stresst mich. Die Planung klappt nicht so, wie wir das wollten, ihre Eltern reden ihr andauernd rein und ich bin einfach nur noch genervt. Ist ja nicht so, als hätte ich mit Krankheit und Freunden und Freund und Schule und DSP-Orga nicht schon genug zu tun. Neeein, hier muss ja auch noch alles schief gehen.
Ich bin müde. Wieder einmal. Wie immer - eigentlich.
Nur in guter Gesellschaft kann ich meinen Kopf mal ausschalten, mal ganz ich sein und entspannen. Nicht richtig entspannen, denn dann würde ich einschlafen, aber immerhin mal zur Ruhe kommen.
Morgen Matheklausur.
Ich kann Mathe, verstehe die logischen Zusammenhänge und kann es jedem in der Klasse erklären, aber das bringt mir nichts. Es bringt mir nichts, weil ich keine Kraft zum Üben finde und weil ich mir die Formeln nicht merken kann. Es mangelt mir an Konzentration und an Kraft und an Motivation. Aber das versteht ja keiner. "Mündlich kannst du es doch auch, wieso schreibst du es dann nicht einfach hin?" Schwierig zu erklären, ich habe vergessen, wie ich es bei meinem Mathelehrer versuchte. Ich glaube, er hats verstanden. Zumindest ansatzweise und vielleicht kann er mir in der Klausur morgen so helfen, dass ich mehr als 6 Punkte schaffe. Mit einer 3 wäre ich schon überglücklich, auch wenn es mir danach scheiße gehen wird.
Versteht niemand, macht aber nichts.
Langsam wird es mir egal, ob die Leute meine Lage bzw meine Krankheit verstehen. Ich finde nicht mehr die Kraft, den Menschen zu erklären, wie meine Welt sich anfühlt. Ich finde nicht mehr die Kraft, es ihnen so anschaulich darzustellen, dass sie es begreifen. Mir reicht die Toleranz inzwischen aus. Und wenn die Lehrer meinen, mich wie jeden verdammten gesunden Schüler auch bewerten zu müssen.. Gut, sollen sie es so machen. Dass es mir dadurch immer schlechter gehen wird, weil das mein Selbstbild nur immer und immer wieder bestätigt, kann ihnen ja egal sein. Und dass ich dann ein noch schlechteres Abizeugnis bekomme, kann ihnen ja auch am Arsch vorbeigehen.
Ich bin müde. Ich bin müde und mir kommen schon wieder die Tränen, wenn ich die Gedanken schweifen lasse. Ich will nicht nur akzeptiert werden, ich WILL ja, dass sie es verstehen. Aber ich bin zu schwach. Zu schwach, um es ihnen zu erklären. Ihnen allen. Und deswegen werde ich so oft missverstanden und habe so viele Menschen verloren und kann nicht aufhören, an sie zu denken, auch wenn ich sie nie wieder sehen werde.
Es tut mir leid. Es tut mir so unendlich leid, dass ich ich bin und niemand anderes. Es tut mir leid.
vv
Weißt du, jeder hat schwierige Zeiten. Und bei dir sind sie halt jetzt, und bei anderen in fünf oder in fünfzig Jahren. Und manche müssen da ganz alleine durch und manche haben so etwas wie Freunde (doch letztendlich müssen auch sie alleine durch.) Und manche kommen schneller wieder hoch und andere langsamer. Aber jeder kommt an seine Grenzen und denkt, dass es einfach nicht mehr weitergeht. Das wichtigste ist wohl, irgendwo in der letzten Ecke des Gehirns die Hoffnung nicht aufzugeben, dass es wieder besser wird. Denn es wird wieder besser werden!
AntwortenLöschenIch wär auch oft gern jemand anders. Jemand, der in diese Gesellschaft passt und sich wie selbstverständlich integriert, jemand der über Probleme redet und sie nicht zerschweigt, aber letztendlich bin ich doch ganz froh, ich zu sein: Alle anderen sind entweder Arschlöcher oder aber haben andere Probleme. Und auch du hast deine guten Seiten, um die dich andere beneiden und dass weiß ich, obweohl ich dich nicht kenne! Du bist für deine Freunde da und zuverlässlich, loyal. Du akzepierst deine Lage und Therapie heißt, dass du bereit bist etwas zu ändern. Du reflexierst viel, du bist ehrgeizig (Fluch oder Segen?^^). Alles andere braucht nur etwas Zeit. Oder etwas mehr. Und ein wenig Hoffnung.
Stay strong: Auch wenn grad alles scheiße ist, wird es wieder besser. Und wenn es nur ein paar Minuten am Tag sind, die einen daran erinnern, dass das Leben doch manchmal lebenswert ist!
Dankeschön für die lieben Worte!
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